Turner, Ruskin und Crawley

Die Aquarelle des bekannten englischen Kunstmalers und Weltenbummlers William Turner und die Zeichnungen von John Ruskin, dem Turner-Biografen, zeigen Skizzen von Rheinfelden, die zeitgleich mit der Entdeckung der Salzvorkommen entstanden sind. Erstmals als Kurmittel im Wannenbad verbreicht wurde das Salz-Wasser-Gemisch, die Sole, im Hotel Schützen Rheinfelden. Die Anwendung der Rheinfelder Natursole für therapeutische Zwecke gründet in der Entstehungszeit der Aquarelle, Bilder, Skizzen und Fotografien von Turner, Ruskin und Crawley.


Joseph Mallord William Turner (1775-1851) bereiste von London aus ganz Europa. Mehrere Male die Schweiz, zweimal die italienischen Städte Turin, Florenz, Como und Venedig, in Frankreich waren Paris, Rouen und Deppe Reiseziel und Sujets seiner Werke. In Deutschland besuchte Turner Berlin, Dresden und in der damaligen Monarchie Österreich-Ungarn Prag und Wien. Sehnsüchtig nach dem südlichen Licht - Turner kannte die Farbenlehre nach Goethe – entstanden auf seinen Reisen rund 19'000 Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder und Gouachen. Auf der Schweizer-Reise 1849 entstehen die Aquarelle von Rheinfelden.

Turner gilt als Maler der Romantik und als Wegbereiter der Moderne. Seine malerische Interpretation von Licht und Raum, seine künstlerische Interpretation von stimmungsvoller Atmosphäre von Städten und Landschaften war den Impressionisten Vorbild. Seine Werke befinden sich in der National Gallery, der Tate Gallery und dem British Museum.

Die «scetch-books» – malerische Reisetagebücher – sandte Turner ohne nähere Angaben über Ort und Zeit nach London. Bereits 1847 beginnt der englische Schriftsteller, Maler, Kunsthistoriker und Sozialphilosoph John Ruskin mit der Inventarisation des grossen Werkes. Im fünfstelligen Standardwerk «Modern Painters» würdigt und wertet Ruskin die künstlerische Arbeit von Turner.


John Ruskin (1819 – 1900) begann 1847 mit der mühseligen Arbeit der Inventarisation des Gesamtwerkes von Turner. Die Rhein-Reise hat es ihm besonders angetan. Er besuchte dieselben Orte entlang des Flusses und zeichnete selber die gleichen Situationen noch einmal. Zudem liess er die Landschaften und Bauten fotografisch festhalten.

Der Kunstkritiker und Sozialreformer warnt vor den Folgen der Industrialisierung, der Zersetzung der menschlichen Tugenden und der künstlerischen Schaffenskraft. Er schreibt: «Eine Fahrt mit der Eisenbahn kann ich beim besten Willen nicht als Reise bezeichnen. Man wird ja lediglich von einem Ort zum anderen befördert und unterscheidet sich damit nur sehr wenig von einem Paket.» Im Mittelpunkt seines Modells der Wirtschaftsethik steht der Mensch mit seiner handwerklich-schöpferischen Tätigkeit. Dazu Ruskin: «Nicht, was er mit seiner Arbeit verdient, ist der eigentliche Lohn des Menschen, sondern was er durch sie wird.» Als Gegenmodell zur dicht bebauten Industriestadt postuliert er die Gartenstadt als städtebauliches Muster und fordert Arbeiterhochschulen.


Ruskins Diener und Fotograf Frederick Crawley machte auf den Reisen Daguerrotypien von den Orten, die ihm exakt vorgegeben wurden. So kommt Rheinfelden 1858 zu sieben der ersten bekannten Fotografien der Stadt. Und der «Gasthof Schützen» zum ersten Abbild des Hauses.

Die Dokumente und Zeichnungen von John Ruskin, wie auch die Fotografien von Frederick Crawley, sind archiviert im Ruskin Museum Research Center an der University Lancaster.


 

Zitat Ruskin: «Ausgesprochen schön. Eine Studie des kleinen Fischerhäuschens. Der Bau auf der Linken zwischen den Brücken ist eigenartig klobig und gross.»
Zitat Ruskin: «Eintritt in die Stadt von der Brücke her. Ich liess es nur zur Vervollständigung der Serie rahmen. Eine (für Turner) äusserst schlechte Skizze; in jeder Hinsicht nachlässig und leer.»
Zitat Ruskin: «Die gleiche Stadt mit Annäherung zur Brücke. Schöne Kontinuität in der Schlangenlinie der Komposition, mit den roten Figuren beginnend, diese Linie windet sich über die Brücke zurück in den linken Stadtteil, hinauf in den rechten bis zur ersten Mauer - dann nach links in den dunklen Schatten des Flusses und kehrt den Bergen entlang zurück zur Rechten.»
Zitat Ruskin: «Die gleiche Stadt von der anderen Seite des Brückenturms, edel komponiert. Beachten Sie den Gebrauch der fernen, grauen Berge, welche die weissen Häuser zu einer Einheit zusammenfügen.»
Zitat Ruskin: «Die zur Einheit gebrachte Breite und Zartheit dieser leisen Antönung eines edlen Themas machen sie für mich besonders interessant. Der klare Blick auf die entfernten Berge ist in Turners Arbeiten dieser Periode sehr selten.»
Nachdem John Ruskin begonnen hatte, die riesige Menge an Skizzen und Bilder von Turner zu ordnen, bereiste er ebenfalls die Orte auf denen die Werke von Turner entstanden sind. Im Mai 1858 skizziert er Rheinfeldens mittelalterliche Stadtmauer.
Um die Inventarisation der Werke von Turner zu dokumentieren liess John Ruskin vom mitreisenden Fotografen Frederick Crawley die Orte fotografieren. Dabei entstanden die frühest bekannten Aufnahmen (Daguerrotypien) von Rheinfelden.
Crawley - Die erste bekannte Fotografie vom «Gasthaus Schützen».